Die ganz neue Scheibe
Corona, Corona, Corona – auch wenn Deutschland aktuell eine (gefühlte) Atempause von der Covid-19-Pandemie bekommt und Ansteckungszahlen in der Metropolregion sinken, beherrscht das Thema weiterhin sämtliche Schlagzeilen und uns alle in vielen Lebensbereichen. Auch für den ÖPNV hat die Situation einige Herausforderungen bereitgehalten. Nach wie vor gilt: Am besten reduziert sich die Ansteckungsgefahr durch die Einhaltung eines Mindestabstandes von 1,5 Metern. Wo das nicht immer und ohne weiteres möglich ist, wie beispielsweise dem ÖPNV, ist die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung zwingend vorgeschrieben, um die Viruslast in der Umgebung und damit das Infektionsrisiko für die Mitmenschen zu reduzieren. Viele Verhaltensregeln werden uns noch einige Zeit begleiten, aber was lässt sich jetzt schon tun, um schrittweise irgendwann zur Normalität zurückkehren zu können? Ganz wichtig ist es, die Ansteckungsgefahr zwischen Fahrpersonal und Fahrgästen zu minimieren, die bislang provisorisch möglichst stark räumlich voneinander getrennt wurden. In den Straßenbahnen sind die Fahrerinnen und Fahrer durch eine Tür und eine Trennwand vom Fahrgastraum abgeteilt, aber in den Bussen? Hier kommt eine Neuerung ins Spiel.
Aktuell verbauen wir in unseren Omnibussen gläserne Trennscheiben, so wie übrigens auch viele andere Verkehrsunternehmen. Diese durchsichtigen Schutzscheiben schirmen den Fahrerplatz ab und stellen eine physische Barriere zwischen unserem Fahrpersonal und den einsteigenden Fahrgästen dar, was beide gleichermaßen absichert. Nach dem Einbau der Schutzscheibe kann die vordere Bustür wieder geöffnet und der Verkauf von Fahrkarten beim Einstieg wieder aufgenommen werden. In der Scheibe sind zwei Öffnungen angebracht, durch die bezahlt und das Ticket entnommen werden kann. Um eine eventuelle Menschentraube am Eingang zu verhindern, werden aber weiterhin alle Türen am Bus geöffnet – der Einstieg wird so nun auch wieder vorn möglich sein. Auch auf längere Sicht bietet die Trennscheibe einen Vorteil: Im Moment steht der Schutz vor einer Ansteckung im Vordergrund, aber auch die kalte Luft im Winter, die beim Öffnen der Tür hereinströmt, ist dann für die Fahrerin oder den Fahrer kein großes Problem mehr. Zudem können alle Sitzplätze im Bus wieder benutzt werden, was für mehr Platz sorgt.
Der Einbau läuft…
Der Umbau der Busflotte läuft dabei wie folgt ab: Da unterschiedliche Busmodelle unterschiedliche Scheiben benötigen, werden sie in Wellen ausgerüstet. Für die einzelnen Fahrzeugmodelle müssen die passenden Trennscheiben auch durch den TÜV abgenommen werden. Derzeit sind knapp die Hälfte unserer Busse, genauer gesagt, die jüngeren Baujahre, mit einer Trennscheibe ausgerüstet. Diese besteht aus klarem Einscheiben-Sicherheitsglas und wurde für die neueren Busmodelle entwickelt. Sie ist homologiert, das bedeutet, für diese Fahrzeuge sind die Prüfung und die Abnahme bereits durch den Hersteller erfolgt. Die langwierige Auswahl und Prüfung sind nötig, müssen die Scheiben doch vielen verschiedenen Ansprüchen wie beispielsweise Kratzempfindlichkeit und Spiegelverhalten genügen. Der Einbau der Scheiben ist hingegen schnell erledigt: Da nur ein paar Schrauben an der Fahrerkabinentür gelöst werden müssen, um die Glastrennscheibe auf der Schwingtür zu montieren, ist ein Bus in der Regel in einer Stunde umgerüstet.
Die Nachrüstlösungen für die übrigen, älteren Fahrzeuge folgen noch. In diesen Modellen werden Trennscheiben aus Polycarbonat anstelle von Sicherheitsglas eingesetzt. Das Material wird sonst für Brillen, Verglasungen an Gebäuden und Flugzeugen verwendet. Für die Trennscheiben aus Polycarbonat steht die Homologation – vereinfacht gesagt, die Freigabe des Scheibenmodells zum Einbau im Bus – noch aus. Beispielsweise wird auf Plexiglas verzichtet, da dieses im Falle eines Unfalls splittern würde und so dem Fahrer sowie den Fahrgästen gefährlich werden könnte. Zudem stehen die Nachrüstlösungen selbst nicht einfach so zur Verfügung: Es herrscht gerade großer Andrang auf die Trennscheiben für Linienbusse. Um den heimischen Verkehrsunternehmen unter die Arme zu greifen, wird jede Scheibe mit 1.500 Euro pro Bus, der so nachgerüstet werden kann, vom Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg gefördert.
Bis alle Fahrzeuge umgebaut sind, wird es Busse mit und ohne Trennscheibe geben. In letzteren bleibt der vordere Teil des Busses weiterhin mit Sperrbändern und einem Hinweisschild vom Rest abgetrennt – zudem geht die erste Tür für die Fahrgäste nicht auf. In diesen Bussen wird bis zu deren Umrüstung auch kein Fahrkartenverkauf beim Einstieg möglich sein. Für einige Zeit wird die situationsbedingte Ausnahme der geschlossenen Fahrertür beim Busfahren in der Rhein-Neckar-Metropolregion also noch zu sehen sein. Bis voraussichtlich Ende Juli sollen aber alle Fahrzeuge eine solche Scheibe bekommen.
Wer bis dahin einen Bus mit entsprechender Glasscheibe in Heidelberg, Ludwigshafen oder Mannheim entdeckt, könnte den neugewonnen Vordereinstieg doch mal nutzen, um die Busfahrerin oder den Busfahrer freundlich zu grüßen. Für einen Schritt in Richtung Normalität.