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am 26. Mai 2021

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Dieser Beitrag wurde von Viktor Kalbfleisch (rnv-Auszubildender zur Fachkraft im Fahrbetrieb) erstellt und redaktionell bearbeitet vom rnv-Blog-Team.

Fahrlehrer Alexander Koch bei der Arbeit im FahrSim der rnv

Azubi vs. Ausbilder

Er hat viele Fragen. Viktor K. wird FiF und das ist nichts Schlimmes, denn es heißt einfach nur, er macht eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb. Ein neues Berufsbild, welches auch seit etwa zehn Jahren bei der rnv angeboten wird. 

Viktor K.: Mit meiner Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb (FiF) habe ich einen spannenden und vielseitigen Beruf gewählt und bereue es bis heute nicht. Doch ein bitterer Nachteil hat die Ausbildung zum FiF. Ich werde durchgehend gefragt, was eine Fachkraft im Fahrbetrieb ist und was genau ich mache bzw. machen werde. Und spätestens, wenn ich sage: "ich lerne zusätzlich Bahn oder Bus fahren", schalten die Leute ab und denken, dass ich einfach nur drei Jahre für die Fahrerlaubnis brauche, anstatt sechs Monate beim Bus bzw. neun Wochen bei der Bahn. 

Also habe ich es mir als Azubi herausgenommen meinen Ausbilder (Alexander Koch), der auch die Ausbildung zum FiF abgeschlossen hat, zu einem Interview zu überreden, um den beruflichen Werdegang eines FiFs zu präsentieren.

Alexander K. begann 2012 seine Ausbildung im Alter von 17 Jahren, zählt somit zu den ersten FiFs der rnv und ist mit seinen 25 Jahren bis heute in der rnv tätig. Er ist nun Fahrlehrer, mitverantwortlich für die Fahrsimulatoren der rnv und seit neuestem auch der Ausbilder der FiFs.

Interview

Viktor K.: Wie hast du erfahren, dass es die Ausbildung als FiF gibt?

Alexander K.: Während meines Praktikums in der Betriebszentrale im Jahr 2010 wurde mir gesagt, dass es diesen Beruf ab Sommer 2012 geben wird. Daraufhin habe ich mich mit dem Ausbildungsberuf beschäftigt und schnell festgestellt, dass dies genau das Richtige für mich ist.

Viktor K.: Wolltest du schon immer in diesem Berufszweig arbeiten?

Alexander K.: Mir war schon immer klar, dass mich das Thema Bahn und Schiene begeistert. Durch meine Familie hatte ich einige Berührungspunkte mit der rnv und deren früheren Altunternehmen*. So habe ich bereits als Kind eine Bindung zum Unternehmen aufgebaut.

*Altunternehmen sind die Firmen, aus denen die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH gegründet worden ist. MVV, OEG, RHB, VBL und HSB

Viktor K.: Warum hast Du Dich gerade für die rnv als Ausbildungsbetrieb und aktueller Arbeitgeber entschieden?

Alexander K.: Die rnv ist als Unternehmen groß genug, um selbstständig zu planen, zu agieren und zu wirtschaften, somit bekommt man als Auszubildender die volle Bandbreite des Verkehrswesens zu Gesicht. In kleineren Unternehmen ist das oft nicht der Fall, da diese gerade im Verwaltungsbereich oft in städtische Strukturen  integriert sind und Teile dessen damit für die Auszubildenden unzugänglich sind. Gleichzeitig ist die rnv überschaubar genug, um sich ein tolles Netzwerk aufbauen zu können und sich so in alle Richtungen entwickeln zu können. Für mich war es stets die richtige Entscheidung.

Viktor K.: Du wirst immer gerne als "FiF  1.0" bezeichnet, weil du zu der ersten FiF-Generation der rnv gehörst. Zu wievielt wart ihr in der Ausbildung?

Alexander K.: Wir waren damals zu zweit in der Ausbildungsgeneration, meine damalige Kollegin arbeitet auch bis heute bei der rnv.

Viktor K.: Wie war der Ausbildungsplan damals geplant worden? Erfahrungen gab es keine mit diesem neuen Ausbildungsberuf.

Alexander K.: Meine Kollegin und ich waren in vielen Bereichen der Ausbildung sicherlich Pioniere. Das war eine spannende Reise, die uns viel ermöglicht hat, allerdings hatte das auch nicht immer nur Vorteile. Vieles was heute selbstverständlich ist, mussten wir uns erst erkämpfen.

Viktor K.: Wie weit unterscheidet sich die damalige betriebliche Ausbildung zu heute?

Alexander K.: Der Beruf Fachkraft im Fahrbetrieb hat heute einen großartigen Ruf. Das Kollegium der rnv hat verstanden, dass die Synergien aus Theorie und Praxis einen Mehrwert bieten, der das abteilungsübergreifende Arbeiten erleichtert und ergänzt. In den ersten Jahren ist das nicht immer der Fall gewesen. Wir wurden oft als „Premiumfahrer*innen“ belächelt.

Viktor K.: Wie weit unterscheidet sich die damalige schulische Ausbildung zu heute?

Alexander K.: Die Arbeitswelt verändert sich ständig, unsere Branche ganz besonders. Dem ÖPNV werden mittlerweile Aufgaben der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes zugesprochen, die vor zehn Jahren noch niemand auf dem Schirm hatte. Ebenso müssen sich die Berufsschulen weiterentwickeln. Die rnv trägt dazu maßgeblich bei. Unsere Berufsschule befindet sich in Ehingen an der Donau auf der schwäbischen Alb. Der Zugang zum Stadtbahn- und Straßenbahnwesen gestaltet sich in dieser Gegend natürlich schwer. Die rnv eröffnet der Berufsschule hier einige Möglichkeiten und profitiert im Umkehrschluss natürlich auch davon.

Viktor K.: Hattest du eine Wunschabteilung während der Ausbildung und warum ausgerechnet diese Abteilung?

Alexander K.: Innerhalb der Ausbildung habe ich viele Bereiche sehr genossen. Besonders positiv in Erinnerung ist mir unsere Unternehmenskommunikation geblieben. Ich war zur Zeit des Turnfestes im Sommer 2013 im Bereich des Marketings dort und es gab viele spannende Dinge zu tun. Die Rhein-Neckar Region wurde von zehntausenden Touristen besucht und ich konnte mein Fachwissen im Bereich des operativen Betriebs gut einbringen. Gleichzeitig wurde das social media Marketing in dieser Zeit aufgebaut und Kanäle wie Facebook, Twitter und YouTube erstmals bedient. Meine Bindung zum Unternehmen wurde hier besonders gefestigt.

Viktor K.: Wie war dein beruflicher Werdegang nach der Ausbildung?

Alexander K.: Nach meiner Ausbildung habe ich im Projektteam FahrSim gearbeitet und die Entwicklung unseres ersten Fahrsimulators unterstützt. Seit Januar 2017 bin ich Fahrlehrer Schiene für die Stadtbahn in Mannheim und Ludwigshafen. Seit letzten Herbst bin ich Berufsausbilder für unsere Fachkräfte im Fahrbetrieb und begleite die Entwicklung des FahrSim 2 für unsere neuen Fahrzeuge des Typs RNT2020.

Viktor K.: Hast du nach der Ausbildung "weitergelernt", also mit Hilfe von Fortbildungen, Studium?

Alexander K.: Ich habe nach der Ausbildung den IHK-Ausbilderschein gemacht, um als Ausbilder arbeiten zu können, der VDV Ausbilder steht in nächster Zeit an. Für die Zukunft habe ich noch einige Pläne.

Viktor K.: Fährst du noch?

Alexander K.: Ich fahre so oft ich kann, mindestens jedoch einmal im Monat. Da das nur an Samstagen funktioniert, bin ich hier allerdings eingeschränkt. Auf das Fahren will ich aber niemals ganz verzichten, in diesem Frühjahr habe ich sogar die Fahrerlaubnis für die Rundfahrt der Linie 5 angehängt, um mehr Flexibilität zu haben.

Viktor K.: Haben die FiFs in den Fachabteilungen was verändert/bewirkt? Gab es seitens der Fachabteilung dazu Feedback an dich als Ausbilder bzw. als Kollegen?

Alexander K.: Wir haben mittlerweile in sieben Fachabteilungen ausgelernte Fachkräfte im Fahrbetrieb integrieren können, die teilweise in Mischarbeitsplätzen auch noch im Fahrdienst arbeiten. Selbstverständlich bringen diese Menschen neues Fachwissen und Ansätze aus der Praxis mit in ihre Arbeit ein. Natürlich ist das ein schleichender Prozess, aber wegdenken könnte man sich diese Mitarbeiter sicherlich nur noch schwer. 

Viktor K.: Mit der Erfahrung durch Ausbildung und Beruf. Würdest du sagen, dass die FiFs die z.B. 2030 anfangen dieselbe Ausbildung bekommen wie die FiFs heute, oder wird es sich die Jahre was tun, was den Ausbildungsinhalt gänzlich verändern könnte?

Alexander K.: Die Ausbildung hat sich in den vergangenen neun Jahren schon stark verändert und sie wird es auch weiterhin tun. Es wird in Zukunft immer wichtiger, dass wir über den Tellerrand hinausschauen und stärker vernetzt miteinander arbeiten. Die Fachkraft im Fahrbetrieb bietet die besten Chancen.

Viktor K.: Wenn man eine Berufsbezeichnung hört, hat man meistens konkrete Schwerpunkte/Aufgaben im Kopf, die mit dem Beruf in Verbindung stehen. Z.B. KFZ-Mechatroniker/in wartet und repariert Fahrzeuge, ein Friseur/in pflegt die Haare der Kunden. Als FiF bekommt man als Standardfrage: "Was ist ein FiF, und was macht er?". Welche Schwerpunkte/Aufgaben würdest du nennen, um einen FiF zu definieren, gibt es überhaupt den "typischen" FiF?

Alexander K.: So individuell und einzigartig jede Stadt ist, so ist es auch der Verkehr und das Unternehmen, welches die Mobilität in diesem anbietet. Eine Fachkraft im Fahrbetrieb lernt das Unternehmen von Grund auf kennen, arbeitet als Allrounder in nahezu allen Verwaltungsbereichen und lernt je nach Schwerpunkt das Fahren von Bus oder Bahn. Außerdem besucht man für längere Zeit die Werkstätten und schaut hinter die Kulissen der Fahrzeuge, die man bedient.

Viktor K.: Mit einer Ausbildung zum FiF. Heute Fahrlehrer, Ausbilder der FiFs und mitverantwortlich für den Fahrsimulator, würdest du sagen, dass sich die Ausbildung gelohnt hat bzw. hat dir der FiF dabei geholfen?

Alexander K.: Der Beruf hat mir dabei geholfen, herauszufinden, was mich an der Arbeit besonders interessiert und wo meine Stärken liegen. Es können Tür und Tore geöffnet werden, die man sonst nie erreicht hätte.

Viktor K.: Würdest du den Leuten, die gerne Busfahrer, Straßenbahner o. Ä. werden möchten die Ausbildung zum FiF empfehlen, oder die Querausbildung direkt zum Busfahrer/in, Straßenbahner/in  o. Ä.?

Alexander K.: Jemandem, dem große Teile des Berufsweges noch bevorstehen und der für sich entscheidet, dass die Mühe lohnen würde und sich für das Thema ÖPNV interessiert - für Den- oder Diejenige ist es mit Sicherheit gut, sich mit dem Berufsbild zu beschäftigen.

Viktor K.: Rückblickend zum Schluss, würdest du die Ausbildung immer wieder absolvieren?

Alexander K.: Ich würde die Ausbildung jederzeit wieder antreten. Als Ausbilder gestalte ich im Moment viel mit und lasse meine persönlichen Erfahrungen einfließen. Es würde mir sicher Spaß machen, die Ausbildung so wie sie heute ist, noch einmal zu machen.

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