Klima ist in aller Munde
Wir leben in aufregenden Zeiten! Wo man sich früher über das Wetter unterhalten hat, streitet man heute über das Klima – und ob man der Wissenschaft und einem sechzehnjährigen Mädchen oder der Lobby der fossilen Brennstoffe und einem orangehaarigen Präsidenten Glauben schenkt. Allein am vergangenen Freitag lag das Thema auf vielen Tagesordnungen: Während in New York der UN-Klimagipfel stattfand, tagte in der deutschen Hauptstadt das Klimakabinett der Großen Koalition und zeitgleich begleiteten tausende Menschen in der Metropolregion diese Gespräche zur Klimapolitik mit ihren Protesten. In Heidelberg, Ludwigshafen und Mannheim fanden am Freitag, 20. September, wieder Fridays-for-Future-Demonstrationen statt: Dabei gehen Menschen auf die Straße, die ein stärkeres Einstehen für den Klimaschutz von der Politik fordern.
Die als Schüler- und Studentenprotest organisierten Fridays-for-Future-Demonstrationen (im Netz oft „FFF“ genannt) finden üblicherweise vormittags statt. Diesmal wurde der Beginn der Mannheimer Veranstaltung recht spät auf 17 Uhr gelegt, um die beiden anderen FFF-Demonstrationen in Ludwigshafen und Heidelberg, die bereits am Vormittag stattgefunden hatten, mit in die Großdemonstration einzugliedern – wohl aber auch um neben Schülerinnen und Schülern die arbeitende Bevölkerung abzuholen. Hintergrund für diese so groß aufgezogene Klimademonstration war der „globale Klimastreik” der Fridays-for-Future Bewegung am 20. September. Es kamen an diesem Tag weltweit in tausenden Städten Klimademonstrationen zusammen, bei denen in ganz Deutschland rund 1,4 Millionen Kinder, Jugendliche und Erwachsene gemeinsamen demonstrierten.
FFF bringt den Mannheimer Innenstadtverkehr zum Erliegen
Auch in Mannheim beteiligten sich viele Menschen – und weit mehr als üblich. Statt den ursprünglich gemeldeten 1.500 Teilnehmern wurde ab den Nachmittag deutlich, dass für den Abend mit bis zu 10.000 Teilnehmern gerechnet werden musste. Eine enorme und sehr kurzfristige Herausforderung für die Planung der Straßenbahnen, schließlich führte der Weg der Demonstration vom Hauptbahnhof über die Planken und die Breite Straße zum Alten Messplatz und damit mitten durch den Stadtkern. Bei 1.500 Menschen reicht hier das Umleitungskonzept in der Schublade aus, bei dem die Quadrate umfahren werden. Nicht so bei einem Vielfachen an Teilnehmern.
Die Krux liegt in zwei Streckenabschnitten der Stadtbahn – Diese beiden Schlüsselstellen sind die Strecke zwischen Tattersall und Wasserturm sowie die Kreuzung Luisenring-Kurpfalzbrücke-Friedrichsring zwischen den Haltestellen Abendakademie und Alter Feuerwache. Beide Stellen muss der größte Teil unserer Stadtbahnlinien in Mannheim passieren, um die Innenstadt oder den Hauptbahnhof zu erreichen. Die Rechnung ist einfach: Ein großer Demonstrationszug wandert langsamer durch die Straßen als ein kleinerer Menschenauflauf und die Schlüsselstellen werden nicht „mal eben“ passiert, sondern sie sind längere Zeit dicht. Werden diese kaum zu umfahrenden Schlüsselstellen durch tausende Menschen längere Zeit für den Stadtbahnverkehr blockiert, werden auch die hier kreuzenden Bahnen gestoppt, wodurch sich ein Rückstau mit mehreren Bahnen und somit weiteren Verkehrsbehinderungen ergibt. Aus diesen Gründen haben wir in am Nachmittag des 20. September in Abstimmung mit der Stadt Mannheim beschlossen, den Stadtbahnverkehr im Mannheimer Stadtgebiet für die Dauer der Veranstaltung kurzerhand gänzlich einzustellen. Das hat auch im Stadtbahnverkehr in Ludwigshafen zu Änderungen im Betriebsablauf geführt.
Der Weg der Klimademonstration durch die Mannheimer Innenstadt in grün, die beiden Schlüsselstellen für den Stadtbahnverkehr in rot.
Was machen mit den Fahrzeugen?
Um den Einschluss von einzelnen Fahrzeugen auf Streckenabschnitten zu verhindern und keinen Stadtbahnstau entstehen zu lassen, sind die entsprechenden Fahrzeuge schon eine Stunde vor Beginn der Demo in den Mannheimer Betriebshof eingerückt. Ein solcher geordneter „Rückzug“ ermöglicht am Ende der Veranstaltung wieder ein schnelles Ausrücken der Fahrzeuge, um zeitnah zur Normalität zurückkehren zu können. Da unsere Fahrerinnen und Fahrer nicht unendlich arbeiten können (schließlich gibt es Gesetze), müssen für die betroffenen Linien Fahrer-Ablösungen und Übergabeorte festgelegt sein. Diese sind im Regelbetrieb minutiös geplant und konnten so kurz vor Beginn der Veranstaltung nicht neu koordiniert werden. Doch ein solches Problem hätte gedroht bei der teilweisen Aufrechterhaltung einzelner Linien mit geänderter Linienführung im Mannheimer Stadtgebiet. Und mit einer weiterhin auch für den Autoverkehr blockierten Innenstadt können wir unsere Fahrerinnen und Fahrer auch nicht dort absetzen, wo sie gebraucht werden. Bei ausreichend Vorlauf lässt sich dies hingegen einplanen.
Die Entscheidung zur Einstellung des Betriebs ist deshalb vor allem aus der Plötzlichkeit dieser Herausforderung entstanden; aus der Tatsache, dass die Demonstration mit einem Mal fast sechsmal so groß wurde wie erwartet; aus der Vorsicht, bei einer so großen Demonstration keine halben Lösungen mit Umleitungen und geänderten Einsatzorten der Fahrerinnen und Fahrer auszuprobieren; aus dem Wunsch, die Bahnen lieber sicher insgesamt einrücken zu lassen, um danach wieder geordnet den Betrieb wieder aufnehmen zu können. Schließlich war es so auch: Wegen des friedlichen Ablaufs der Demonstration und der guten Abwicklung beim Ein- und Ausrücken wurde an jenem Freitag des „globalen Klimastreiks“ bereits ab 19 Uhr wieder reduzierter Betrieb, ab 19.45 Uhr wieder der reguläre Betrieb der Linien in Mannheim aufgenommen.
Die Sache mit dem Klimaschutz
Um abschließend in eigener Sache zu sprechen: Im Nachgang der Demonstration haben uns auf verschiedenem Weg Stimmen mit dem impliziten Vorwurf erreicht, mit der Einstellung des Stadtbahnbetriebs gegen den Klimaschutz zu handeln. Als Verkehrsbetrieb ist uns der Klimaschutz ganz selbstverständlich ein Anliegen. Schließlich wird gerade vor dem Hintergrund der Klimadebatte und der immer wieder geforderten Mobilitätswende klar, dass der ÖPNV ein wesentlicher Bestandteil bei der Lösung dieser Jahrhundertaufgabe ist. ÖPNV ist praktizierter Klimaschutz. Blockierte Kreuzungen und Rückstaus, unabgestimmte Fahrzeugübergaben oder überschrittene Fahrzeiten der Fahrerinnen und Fahrer tragen dazu aber wenig bei.