Eine Liebesgeschichte aus der Straßenbahn
Ihr habt euch sicher schon gefragt, was es eigentlich mit diesem knuffigen Einhorn auf sich hat, das wir hier kürzlich gezeigt hatten – es ging um Tiere in Bus und Bahn. Das fragten wir uns auch. Bis vor zwei Tagen…
Tatsächlich wurde Elfie*, so heißt das Einhorn, kürzlich von einer Heidelberger Straßenbahnfahrerin in der Linie 23 gefunden und als Fundsache bei der rnv abgegeben – übrigens zusammen mit einem kuscheligen Teddybären. Beide schnappten wir uns für ein spontanes Fotoshooting. So entstand auch das nette Einhorn-Bild.
Auf unseren Valentinstag-Aufruf in den sozialen Netzwerken erhielten wir nun endlich und ganz unerwartet die Lösung für unser Kuscheltier-Rätsel. Eine Mutter, die Elfie in unserem kürzlich veröffentlichten Artikel erkannte, schrieb uns die folgende herzerwärmende Liebesgeschichte. Da sie anonym bleiben möchte, haben wir die Lovestory redaktionell aufbereitet:
Sie hatten sich bereits beim Einsteigen bemerkt und – erst zaghaft, dann immer häufiger - verstohlene Blicke ausgetauscht. Doch beide waren in Begleitung unterwegs und konnten ihrer Zuneigung nicht den nötigen Ausdruck verleihen, ohne aufzufallen. Niemals hätten Elfie und Mitch* gedacht, dass sie sich auf den ersten Blick verlieben könnten, und dann auch noch in einer Straßenbahn. Doch genau das passierte im November 2018 – in der Heidelberger Linie 23 von Rohrbach nach Handschuhsheim. Heute kann keiner von beiden sagen, wer den ersten ausschlaggebenden Schmachtblick geworfen hat.
Eine Woche später das gleiche Spiel: Mitch saß bereits in der Bahn, als Elfie an der Haltestelle Kußmaulstraße einstieg. Und auch dieses Mal konnten die beiden ihr Interesse füreinander nicht verbergen, ein Zwinkern hier, ein Lächeln dort – es war klar: Love is in the air. Doch bis Elfie und Mitch endlich zueinander fanden, verstrichen zahlreiche Straßenbahnfahrten. Denn beide waren gebunden: Teddybär Mitch gehörte der sechsjährigen Marie* aus Rohrbach und Einhorn Elfie war die beste Freundin des fünfjährigen Anton* aus der Weststadt. Jeden Montag trafen sich die beiden kuscheligen Gefährten in der Linie 23. Marie war mit ihrer Oma unterwegs zum Geigenunterricht, Anton ging wie jeden Montag mit seiner Mutter zum Logopäden in die Innenstadt. Mitch erzählt heute verliebt: „Mein Herz klopfte schon immer auf dem Weg zur Haltestelle, wenn ich an ihr schüchternes Lächeln in der Bahn dachte.“ Und auch Elfie erinnert sich: „Wir wussten beide, dass wir füreinander geschaffen waren. Doch wie sollten wir es Marie und Anton beibringen?“
Am 14. Januar 2019 nahm Elfie schließlich all ihren Mut zusammen und ließ sich langsam, ganz langsam vom Sitz gleiten. In einem unbeobachteten Moment tat es Mitch seiner Elfie gleich – und tatsächlich – beide Kinder bemerkten die abhanden gekommenen Kuscheltiere nicht. Endlich konnten sie sich einander vorstellen, ganz heimlich tuschelten sie unter den Sitzen. „Hi, ich bin Elfie. Deine wunderschönen Knopfaugen haben mich echt verzaubert.“ „Na, wie geht’s denn so? Ich bin Mitch, schön dich endlich kennenzulernen“. Auf der Fahrt in die Innenstadt tauschten sich die beiden über ihr Leben und ihre Besitzer aus. Heute erzählen beide, sie hätten gleich das Gefühl gehabt, sich schon ewig zu kennen.
An der Haltestelle Bismarckplatz kam plötzlich Aufregung auf, denn Marie und Anton mussten hier beide wie immer aussteigen. Doch wo waren die Kuscheltiere? Hektisch blickten die Kinder um sich, aber die Tür schloss bereits und Mitch und Elfie blieben in ihr Gespräch vertieft in der Straßenbahn zurück.
Letztendlich war es die Fahrerin Bettina* der Linie 23, die die beiden Turteltäubchen unter den Sitzen fand und mitnahm. Nach einer Woche intensiver Suche, die beiden Kuscheltiere waren mittlerweile an das Heidelberger Fundbüro übergeben worden, trafen sich Anton und Marie genau dort zufällig wieder. Mitch und Elfie saßen aneinander gekuschelt in einer Vitrine. Alle waren froh, einander wieder zu sehen, doch was würde nun aus den beiden verliebten Kuscheltieren werden? Sie hatten sich doch gerade erst kennengelernt und konnten sich nicht vorstellen, sich schon wieder voneinander verabschieden zu müssen. „Für uns war das ein dramatischer Schlüsselmoment! Wie sollte es nur weitergehen?“
Anton, der aufgrund seines Verlustes und seiner großen Trauer um Elfie in der Zwischenzeit einen Plüsch-Dinosaurier geschenkt bekommen hatte, kam schließlich die Idee: Da er Marie gerne wiedersehen wollte, schlug er ihr vor, beide Kuscheltiere mit nach Hause zu nehmen. Auch ihre Eltern waren selbstverständlich einverstanden. Seitdem wohnen Mitch und Elfie bei Marie. Zusammen mit Dinosaurier Alfred* hat Anton die drei schon einige Male besucht und war damit nicht nur Amor für zwei Plüschtiere, sondern hat auch eine Spielkameradin gefunden. Die fünf Freunde erleben seither viele spannende Abenteuer.
Fortsetzung folgt … hoffentlich :-)
* Namen wurden von der Redaktion geändert.