Neuanfang für eine langfristige Perspektive
Antonella Tronel strahlt über das ganze Gesicht, als sie sich zum Fototermin für diesen Blog ans Steuer des eCitaro-Busses auf dem rnv-Betriebshof setzt. Für die 55-Jährige hat Mitte 2022 ein neues Kapitel ihres Lebens begonnen. An diesem Tag begann sie nicht nur ihre Anstellung im Fahrdienst der rnv, sondern auch ihre Ausbildung zur Busfahrerin, ein Schritt, den sie früher nicht für möglich gehalten hätte und auf den sie sehr stolz ist.
Es war ein Neuanfang für Tronel, die eigentlich kaufmännische Angestellte in einem großen Chemieunternehmen in der Region war. Aufgrund von Veränderungsprozessen war sie dort von ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz immer wieder in andere Abteilungen versetzt worden. Alle paar Monate habe sich der Aufgabenbereich geändert, sagt sie und fügt hinzu: „Das wollte ich nicht mehr. Ich wollte eine langfristige Perspektive und wieder Expertin auf meinem Gebiet sein.“
Vier Monate Ausbildung bei vollem Gehalt
Der Quereinstieg im Fahrdienst der rnv war für sie eine attraktive Option: „Ich fahre gerne Auto und bin gerne mit Menschen zusammen“, sagt sie. Zudem arbeitet ihr Mann bei der rnv als Fahrer für das flexible individuelle Personenshuttle „fips“. Also bewarb sie sich an einem der rnv JobTage, absolvierte neben Bewerbungsgesprächen einen Eignungstest und wurde eingestellt. Doch noch war sie keine Busfahrerin.
Der erste Arbeitstag führte Antonella Tronel deshalb in die Fahrschule der rnv. In den folgenden vier Monaten absolvierte sie hier zunächst die Ausbildung zur Busfahrerin, bei vollem Gehalt. „Die rnv ist ein sehr attraktiver Arbeitgeber“, sagt sie und hebt neben der bezahlten Ausbildung, die Sozialleistungen und das Demografiemodell hervor. Wichtig sei ihr auch der ökologische Aspekt ihres Berufs und die langfristige Perspektive. „Es ist auch ein sehr netter Umgang miteinander hier“, sagt sie. Dieser zwischenmenschliche Umgang – auch mit den Vorgesetzten– hat sie positiv überrascht.
Die Herausforderung kommt nach der Prüfung
In den ersten Wochen bereiten sich die künftigen Busfahrerinnen und Busfahrer bei der rnv auf die Prüfung als Berufskraftfahrer in der Personenbeförderung der Industrie- und Handelskammer (IHK) vor. Ist diese Prüfung bestanden, startet die Ausbildung in der rnv-eigenen Fahrschule für den eigentliche Führerschein der Klasse D, der dann beim TÜV geprüft wird. Ist diese Prüfung erfolgreich absolviert, beginnt die Einweisung in den Linienverkehr. „In den ersten Wochen war viel Theorie zu lernen und ich dachte zuerst, das sei die größte Herausforderung. Heute weiß ich, die eigentliche Herausforderung ist der praktische Teil und die Linieneinweisung“, sagt sie.
Denn so ein Linienbus fährt sich dann doch ganz anders als ein Pkw, erklärt rnv-Fahrlehrer Frank Hartmann: „Die Fahrzeuge haben beim Abbiegen einen viel größeren Radius.“ Aber die Straßen bleiben genauso eng. Die größte Herausforderung sei es, damit in der Mannheimer Innenstadt zu fahren, erklärt Hartmann. Denn man müsse genau abschätzen können, wie weit man noch geradeaus fahren und wann man lenken muss, um unfallfrei um die Kurve zu kommen. „Wenn man Pkw fahren gewohnt ist und zum ersten Mal im Bus am Steuer sitzt, denkt man noch, wie soll der da durch passen?“, berichtet Tronel von ihren ersten Eindrücken und sagt weiter: „Aber es funktioniert.“
Begeistert von Unterstützung und Motivation
Dafür sorgen die große Motivation und das Engagement der Fahrschüler und der vier rnv-Fahrlehrer. Zwischen 40 und 50 neue Busfahrerinnen und Busfahrer bilden sie pro Jahr aus, sagt Frank Hartmann. Diese sind entweder neu eingestellt, waren zuvor Straßenbahnfahrerinnen oder Straßenbahnfahrer bei der rnv oder werden im Rahmen einer Maßnahme der Agentur für Arbeit zu Busfahrerinnen und Busfahrern ausgebildet und anschließend unbefristet übernommen. Ganz oft haben sie vorher in anderen Berufen gearbeitet und wagen nun den Quereinstieg.
Antonella Tronel ist begeistert von der Ausbildung, der Motivation und der Unterstützung durch die Fahrlehrer. „Bei uns schafft es jeder durch die Prüfung“, sagt Frank Hartmann. Sollten er oder seine Kollegen merken, dass eine Schülerin oder ein Schüler Hilfe braucht, wird sie oder er zusätzlich gefördert. Angst vor den Prüfungen müsse niemand haben. Bisher, so Hartmann weiter, haben alle, die zur Prüfung angetreten sind, den Busführerschein geschafft. Ist die TÜV-Prüfung geschafft, folgt die letzte Etappe in der Ausbildung.
"Respekt, dass du das gemacht hast!"
Nun werden die neuen Fahrdienst-Kolleginnen und -Kollegen in die verschiedenen Linien eingewiesen und dürfen dann zum Abschluss mit Fahrgästen fahren. Das ist noch einmal eine ganze Menge Stoff, auch wenn es „nur“ alle Buslinien einer der drei Städte Mannheim, Ludwigshafen oder Heidelberg sind. „Dabei lernt man nochmal die ganzen Besonderheiten der verschiedenen Strecken kennen: wo die Haltestellen sind, wo Engstellen auf der Strecke sind und so weiter“, sagt Hartmann und Tronel bestätigt: „Obwohl wir vorher oft im ganzen Verkehrsgebiet herumgefahren sind, war ich bei der Linieneinweisung sehr überrascht, wo überall Haltestellen sind“, sagt sie. Bei den Ausbildungsfahrten zuvor sei man stets so auf die Strecke konzentriert gewesen. „Da hat man keinen Blick für Haltestellen.“
Jetzt, wenige Monate nach ihrer bestandenen Ausbildung zur Busfahrerin ist Antonella Tronel glücklich, diesen Schritt gemacht zu haben: „Anfangs haben meine Freunde und Familie ungläubig reagiert“, berichtet sie. Nun bewundern sie ihren Mut für diesen Jobwechsel mit 55 Jahren: „Sie sagen ‚Respekt, dass du das gemacht hast‘ und sind stolz auf mich“, freut sie sich über das Lob. Auch den Kontakt zu ihren Fahrgästen schätze sie sehr, sagt sie. Auch Frank Hartmann betont die Wichtigkeit der Busfahrerinnen und Busfahrer: „Sie sind wichtige Aushängeschilder für ein Verkehrsunternehmen“, sagt er. Denn sie seien meist der erste direkte Kontakt zur rnv – und auch der engste, noch enger als bei Stadtbahnfahrern, die in einer abgetrennten Kabine sitzen. „Da braucht man Fingerspitzengefühl“, sagt er weiter.
"Busfahren ist die Königsliga"
Denn am Ende geht es beim Busfahren um mehr als „nur“ einen tonnenschweren Koloss durch enge Straßen zu manövrieren. Es geht auch darum, die Menschen in der Region mit gutem Gefühl an ihr Ziel zu bringen. „Tickets zu verkaufen, mobilitätseingeschränkten Menschen und Menschen mit Kinderwagen in den Bus zu helfen, mit dem Stadtverkehr klarkommen und mit dem manchmal rüpelhaften Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer umgehen zu können“, erklärt er.
„Ein Ausbilder hat mir mal gesagt, Busfahren sei die Königsliga“, sagt Tronel und erinnert sich zurück: „Wenn mir vor zwei Jahren jemand gesagt hätte, ich würde Busfahrerin, hätte ich gesagt: ‚Du hast einen Vogel.‘“ Heute ist es für sie das schönste, wenn ihr Fahrgäste sagen: „Sie sind gut gefahren.“